Integration ist mehr als Tanz und Essen

Am 25. April wird in Weinstadt der Ausländerbeirat gewählt / Kandidaten gesucht

Am Ende des Infoabends meldeten sich einige mögliche Kandidaten bei Kristine Deumelandt. Bild: Pavlovi
Weinstadt. Sih Hasan Kocaman ist dabei. Der gebürtige Türke, der seit zehn Jahren in Weinstadt lebt, will bei der Wahl zum Weinstädter Ausländerbeirat am 25. April 2010 kandidieren. Sih Hasan Kocaman kam als Interessierter zur Infoveranstaltung des Ausländerbeirats – und ging als Kandidat.

Sih Hasan Kocaman kandidiert auch deshalb, weil er es schade findet, „dass nur 0,1 Prozent der Ausländer hier sind“. Wird er am 25. April gewählt, dann will er mit dafür sorgen, dass das anders wird. Sich einbringen, engagieren, etwas dafür tun, dass Integration nicht nur ein hübsches Wort in Sonntagsreden bleibt, daran arbeitet der Ausländerbeirat in Weinstadt nunmehr seit 23 Jahren. Und weil das nicht ohne Männer und Frauen geht, die kandidieren, rührte der noch amtierende Rat mitsamt tatkräftiger Unterstützung seitens des Gemeinderates und der Verwaltung kräftig die Werbetrommel.
Der Ausländerbeirat ist „ein großer Gewinn für Weinstadt“, sagt Werner Hundt, Gemeinderat und stellvertretender Bürgermeister. „Er hat den Migranten Mut gemacht, sich in das Weinstädter Leben einzumischen und den Deutschen Mut gemacht, die Ausländer kennenzulernen.“ Von den 26 000 Einwohnern der Weinstadt kommen 2850 Menschen aus einem anderen Land, oder ihre Eltern sind eingewandert. Die Menschen kommen aus 90 Nationen; die meisten aus Italien, dem ehemaligen Jugoslawien, Griechenland und der Türkei.
Brückenschlag zu den Alteingesessenen
Für ihre Interessen setzt sich der Ausländerbeirat ein. Aber man will im Rat auch immer den Brückenschlag zu den „Alteingesessenen“ machen. „Wir brauchen Leute, die Verantwortung übernehmen möchten“, warb der Gemeinderat und Moderator dieses Abends, Hakan Olofsson.
Ein Herzstück der Arbeit ist die Unterstützung der Kinder. 40 Migrantenkinder an vier Grundschulen in Weinstadt müssen sich nicht alleine mit den Hausaufgaben quälen. Andrea Pasch leitet seit neun Jahren die Hausaufgabenbetreuung, die der Ausländerbeirat ideell und finanziell unterstützt. Dabei steht nicht nur das kleine Einmaleins auf ihrem Stundenplan. „Gemeinsam besuchen die Kinder mit ihren Betreuerinnen die Bibliothek, einmal im Jahr ist großer Kinonachmittag, es wird gespielt und vorgelesen. Und das Highlight jedes Jahres ist das große Sommerfest. Einen Euro müssen die Eltern pro Stunde zahlen. Die Betreuerinnen erhalten eine Aufwandsentschädigung, die hauptsächlich aus dem Topf des Beirats finanziert wird.
Gabriella Heidrich war selbst viele Jahre in der Hausaufgabenbetreuung aktiv und hat gemerkt, dass die Mütter der Kinder wenig Deutsch sprechen. So entstand die Idee der Sprachcafés, in denen die Frauen „ohne Angst und Lehrbücher“ spielerisch in die Tücken der deutschen Grammatik eingewiesen werden, aber vor allen Dingen sich miteinander unterhalten sollen. Geredet wird über Alltägliches und auch darüber, wie man sich auf Ämtern zurechtfindet oder wie man Stellenanzeigen liest, in denen manchmal „komische Wörter stehen, die man in keinem Wörterbuch findet“.
Der Ausländerbeirat hat den Rosengarten wieder zu neuem Blühen gebracht, Margarete Brückner leitet die Nähgruppe und das jüngste Kind ist der Männertreff. Hülya Seckin, Türkin mit schwäbischem Zungenschlag, engagiert sich in der Kochgruppe. Bei allen Aktivitäten sind auch Deutsche willkommen. Und das nicht nur bei den Festen. Denn: „Integration ist mehr als Tanzen und Trinken“, sagt der derzeitige Vorsitzende des Rates, Michele Genco. Was die Zukunft bringt, hänge von jenen ab, die die Zukunft mitgestalten.
Und der Aufruf kam an: Um den Tisch von Kristine Deumelandt, die die Wahl koordiniert, fanden sich am Ende der Infoveranstaltung etliche potenzielle Kandidaten. Boryana Kurtera möchte sich einbringen. Die gebürtige Bulgarin lebt seit drei Monaten hier, kann zwar noch nicht kandidieren, das geht erst ab sechs Monaten, aber mithelfen kann sie schon. Josef John Sara kommt aus Liberia und findet „vieles interessant“ von dem, was der Beirat macht. Auch er findet sich vielleicht bald auf der Kandidatenliste, auf der die Menschen am 25. April ihr Kreuzchen machen können.

Lascia un commento

My Agile Privacy
Questo sito utilizza cookie tecnici e di profilazione. Cliccando su accetta si autorizzano tutti i cookie di profilazione. Cliccando su rifiuta o la X si rifiutano tutti i cookie di profilazione. Cliccando su personalizza è possibile selezionare quali cookie di profilazione attivare.
Attenzione: alcune funzionalità di questa pagina potrebbero essere bloccate a seguito delle tue scelte privacy